Was hilft gegen den Corona-Burnout?

Die hinter uns liegende Pandemie-Zeit war eine enorme Herausforderung. Und es ist noch längst nicht klar, ob Corona dauerhaft überwunden ist oder im Herbst eine neue Welle kommt. Das hat auch zu enormen psychischen Belastungen geführt, mancherorts wird gar vom Corona-Burnout gesprochen. Was lässt sich dagegen tun?
Veröffentlicht am 04.08.2021
Was hilft gegen den Corona-Burnout?

Psychische Krankheiten sind schon seit längerem weit vorne bei den Krankschreibungen. Bei der Zahl der Arbeitsunfähigkeitstagen liegen sie nach Erkrankungen am Muskel-Skelett-System auf Platz 2. Ein Trend, der lange vor Corona begonnen hat. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen um 137 Prozent erhöht, so der DAK-Psychoreport. Durch die Pandemie hat der Trend sich wohl noch verschärft: Laut einer aktuellen Metaanalyse von 43 Studien mit mehr als 71.000 Teilnehmern an der Uni Mainz haben vor allem Angststörungen und Depressionen zugenommen. Interessant dabei ist, dass es laut dem Wissenschaftlichen Institut der AOK zwischen Januar und August 2020 erstmals seit langem weniger Krankmeldungen wegen psychischer Probleme gab – aber die Krankheitsdauer stieg. Es gibt einerseits die These, dass im Homeoffice oder Lockdown Stressoren weggefallen sind und eine allgemeine Beruhigung des Lebens bei manchen Menschen auch zu mehr psychischer Ruhe geführt haben könnte. Umgekehrt ist es aber auch wahrscheinlich, dass durch Corona, Pandemie, Lockdowns verstärkt Ängste (vor einer Erkrankung, um den Arbeitsplatz usw.) geschürt wurden. Ob im Homeoffice der Stresspegel sinkt oder steigt hängt sehr stark von den individuellen Gegebenheiten ab. Möglich ist auch, dass aus Angst vor einer Ansteckung auf Arztbesuche verzichtet wurde. Jedenfalls habe die Zunahme bei der Dauer der Krankschreibungen trotz der Abnahme der Fallzahlen dem „Trend der letzten Jahre zu immer längeren Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen im Pandemie-Jahr 2020 einen weiteren Schub“ gegeben, so die AOK.

Laut DAK-Psychoreport verursachten Depressionen und Anpassungsstörungen die meisten Ausfalltage im Bereich der psychischen Erkrankungen, auf Platz drei folgen neurotische Störungen, dann Angststörungen. Burnout taucht auf dieser Liste nicht auf – es ist keine anerkannte medizinische Diagnose sondern gilt als Rahmen- oder Zusatzdiagnose, also als Faktor, der den Gesundheitszustand beeinflusst. Die Symptome überlagern sich häufig mit denen anerkannter psychischer Krankheiten wie etwa Depressionen oder Ängsten, Antriebslosigkeit und Gleichgültigkeit, Erschöpfung. Wie auch immer die jeweilige psychische Situation eines Menschen medizinisch korrekt benannt wird – wer so stark leidet, dass die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist, darf als krank gelten. Und es steht Arbeitgebern, Personalabteilungen und Führungskräften, aber auch den Kollegen und Kolleginnen gut zu Gesicht, sich in solch einer Situation angemessen zu verhalten. Nicht zuletzt liegt es im eigenen Interesse des Unternehmens, die Belegschaft so zu unterstützen, dass es gar nicht erst zu einer psychischen Krankheit oder zum Burnout kommt.

Zu begünstigenden Faktoren zählt Stress, wobei hier der schädliche Stress gemeint ist. Denn Stress kann auch befriedigend aufgelöst werden, wenn eine stressige Phase erst zu hoher Belastung führt, dann aber auch zu einem tollen Ergebnis, auf das man stolz ist. Solchen Stress können viele Menschen gut aushalten, gar Bestätigung und Befriedigung daraus ziehen. Geht Stress aber mit Überlastung und Überforderung einher, ist die Schere zwischen Anforderungen und Möglichkeiten dauerhaft zu groß, wird aus einer ständigen Überforderung und fehlenden Erfolgserlebnissen schnell ein Gefühl der Ohnmacht.

Deshalb ist es sinnvoll, im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder in anderer passender Weise Burnout zu thematisieren. Frühe Anzeichen sind etwa eine hohe Angespanntheit, auch Überaktivität im Versuch, die Belastung zu unterdrücken, den Anforderungen zu genügen. Menschen sind dann oft gereizt und aggressiver, weil sie eigentlich schon wissen, dass sie völlig überlastet sind und „der Druck sich ein Ventil sucht“. Irgendwann kommt es zum Leistungsabfall, in dieser Phase treten oft Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen auf. Nun ist es nicht mehr weit bis zu deutlichen Erschöpfungssymptomen (Müdigkeit, Abgeschlagenheit). Schließlich entfremden sich Betroffene von ihrer Arbeit oder gar ihrem Leben, ihnen kommt ihr Tun falsch, ungenügend vor. Wird immer noch keine Hilfe gesucht und gefunden droht der Rückzug, zuerst der innere, die Distanzierung von Arbeit, Partnerschaft, Freunden und dann der äußere Rückzug. Im schlimmsten Falle folgt ein totaler psychischer Zusammenbruch, der im Suizid enden kann.

Diese Abfolge zu kennen, über sie aufzuklären, ist eine wichtige Grundvoraussetzung dafür, dass Hilfe gesucht werden kann. Im Job sollten die Bedingungen so gestaltet werden, dass dauerhafte Überforderung verhindert wird. Gibt es einfach erreichbare Anlaufstellen und signalisieren Führungskräfte, dass Offenheit für das Problem Burnout herrscht, wird es Betroffenen viel leichter fallen, frühzeitig Hilfe zu suchen. Neben der Stressreduzierung ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten und Problemen der erste wichtige Schritt zu deren Lösung. Denn das heißt zugleich Anerkennung ihrer Existenz. Und aus der Beschäftigung entsteht Handlungsfähigkeit.

Wie immer gilt auch beim Burnout: Vorbeugen ist besser als Heilen. Arbeitgebern schreibt das Arbeitsschutzgesetz bereits seit 2013 eine Gefährdungsbeurteilung auch für psychische Belastungen vor. Das Vorgehen dabei ist sogar international normiert durch Euronorm ISO 10075, Arbeitnehmervertretungen haben Mitbestimmungsrechte bei der Unterscheidung zwischen legitimer Belastung und schädlicher Fehlbelastung. Bei der Prävention wird unterschieden zwischen Maßnahmen, die bei den beruflichen oder privaten Belastungen ansetzen und jenen, die sich dem Individuum und dessen psychischer Verfasstheit und Widerstandsfähigkeit widmen. Das Arbeitsschutzgesetz widmet sich vor allem den beruflichen Belastungen und verpflichten Arbeitgeber, keine gesundheitsschädlichen Fehlbelastungen zuzulassen. Maßnahmen zur individuellen Prävention und zum persönlichen Schutz können jedoch ebenfalls unterstützend angeboten werden. Sinnvoll können hier etwa Maßnahmen zur Stärkung von Selbstmanagement, Selbststeuerung und Selbstregulierung sein, aber auch Führungskonzepte.