TikTok als Recruiting-Tool?

Nutzt eigentlich noch wer MySpace, StudiVZ, friendster oder werkenntwen? Ja, es gab auch vor Facebook, Twitter und Instagram schon diese und noch sehr viel mehr soziale Netzwerke, in denen heute kaum noch wer aktiv ist. Und nun ist also TikTok das nächste große Ding, bis dann noch ein größeres Ding kommt. Lässt sich mit 10-Sekunden-Videos sinnvolles Recruiting betreiben?
Veröffentlicht am 09.11.2022
TikTok als Recruiting-Tool?

Wie so oft an dieser Stelle lautet die Antwort weder Ja, noch Nein, sondern: Kommt auf die Analyse an. HR-Abteilungen, die meinen, jetzt hektisch einen TikTok-Kanal befüllen zu müssen, weil das eben der neue Trend sei, sind vermutlich schon auf Facebook und Instagram gescheitert. Kern sozialer Netzwerke ist es, dort mit den jeweiligen Nutzergruppen angemessen zu agieren und nicht einfach nur etwas zu posten, weil man das eben derzeit so macht und alle davon reden.

Was spricht für TikTok? Außer, dass alle davon reden, spricht für das Netzwerk vor allem, dass dort eine sehr junge Zielgruppe unterwegs ist. TikTok ist sehr stark verbreitet in der sogenannten Generation Z, also bei jungen Menschen unter 25, und auch noch bei den jüngeren Millennials. Angeblich sind fast zwei Drittel der TikTok-User unter 30 Jahren und verbringen fast eine Stunde jeden Tag dort. Wer also Azubis sucht oder Absolventinnen und Absolventen, auch noch Young Professionals, hat dort Chancen. HR-Abteilungen, die vor allem Bedarf an Führungskräften und Beschäftigten mit Berufserfahrung haben, schmeißen ihr Geld zum Fenster raus.

Was spricht gegen TikTok? Grundsätzlich liegt hier das gleiche Risiko vor wie bei jedem neuen Dienst: Schaffe ich eine produktive Nutzung, bevor meine Zielgruppe wieder weg ist? Mit angeblich mehr als drei Milliarden Downloads bietet TikTok ein wirklich immens großes Potenzial. Aber das Mittel der Wahl dort sind Video-Spots von 10 bis 15 Sekunden Länge. Immerhin ist die Länge aber nicht mehr auf diese Zeitspanne begrenzt, möglich sind mittlerweile bis zu drei Minuten. Schaffen Sie es, Ihr Unternehmen in dieser Frist so zu präsentieren, dass eine relevante Anzahl an Kontakten und Einstellungen daraus resultiert? Abgesehen von diesen beiden Themen haben Sie außerdem das Problem, dass praktisch jeder andere Online-Dienst mit sich bringt: Datenpannen, Sicherheitslücken, Skandale sind das Umfeld, in dem sich Ihr Recruiting bewegt.

Wie funktioniert TikTok? User posten Videos. Andere User teilen, folgen und liken. Soweit, so bekannt, manche nennen TikTok Instagram für Videos. Nach dem Aufnehmen von Videos und vor dem Posten können diese recht einfach mittels in der App eingebauten Filtern bearbeitet werden, außerdem spielen Hashtags und Challenges eine wichtige Rolle. In die Videos können Text oder Sticker eingefügt werden. Wichtig ist auch Musik – TikTok ist ursprünglich für seine Tanz- und Lippen-Synchronisierungs-Videos bekannt geworden und das ist auch heute noch der wichtigste Content. Auch wenn Sie vermutlich nicht Videos von Ihrem CEO dort posten wollen, wie er versucht, lippensynchron neueste Rap-Songs zu performen, sollten Sie versuchen, Inhalte zu generieren, die möglichst nahe am Hauptinteresse der User und Userinnen liegen. Denn auch hier agiert natürlich im Hintergrund ein mächtiger Algorithmus, der aus jedem Klick und jedem Like lernt und die im Feed gezeigten Videos an erkannte Vorlieben anpasst.

Wie funktioniert Recruiting auf TikTok? Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, ernsthaft Inhalte vermitteln zu wollen. TikTok ist keine Informationsplattform, was beispielsweise für Facebook mit der Möglichkeit zu längeren Beiträgen durchaus noch gelten mag (ob diese dort wirklich Erfolg haben steht auf einem anderen Blatt…). TikTok steht für Spaß und Kreativität. Das ist es, was Unternehmen auf TikTok bieten müssen, um dort eine relevante Wahrnehmung zu erreichen – diese ist der Weg, um die TikTok-User auf die eigenen Informationskanäle zu bringen.

Für Recruiting-Abteilungen dürfte also entscheidend sein, sich über die Zielgruppe klar zu werden, dann über deren Interessen auf TikTok. Und dann Content, also Videos, zu produzieren, die dazu passen – und natürlich trotzdem noch authentisch zum Unternehmen passen. Wer so vorgeht, kann TikTok erfolgreich als Kanal seiner Employer-Branding-Strategie nutzen, mit einfachen Mitteln die Aufmerksamkeit junger Menschen erlangen und diese auf das eigene Unternehmen und die dort angebotenen Stellen lenken. Das haben schon etliche Unternehmen und auch TikTok selbst erkannt, das Netzwerk bietet in den USA mittlerweile über Partner HR-Dienstleistungen an. Und die Zahl der Betriebe, die auf TikTok nach Personal suchen, mag noch klein sein, wächst aber.