Gehaltskürzung – ist das erlaubt?

Dürfen Unternehmen ihren Beschäftigten – Einzelnen, ganzen Teams und Abteilungen oder allen zugleich – das Gehalt kürzen? Als Motivation für den Wunsch nach Gehaltskürzungen sind im Wesentlichen drei zu nennen: Einsparungen für mehr Rendite, in einer Krisensituation und als Konsequenz aus schlechter Performance oder Fehlverhalten. Um es ganz kurz und knapp zu sagen: Es ist Unternehmen fast nie erlaubt, das Gehalt zu kürzen. Aber ein paar wenige Ausnahmen gibt es doch.
Betrachten wir zunächst kollektive Kürzungen für einzelne Teams oder für den gesamten Betrieb. Um die Rendite des Unternehmens oder einzelner Teile zu erhöhen, sind Gehaltskürzungen kein Mittel, das Bestand vor einem Arbeitsgericht hätte. Anders sieht es in einer wirtschaftlichen Krise aus. Unter sehr engen Bedingungen kann dann das Unternehmen eine Gehaltskürzung vornehmen. Voraussetzungen: Es muss sich in einer tatsächlichen wirtschaftlichen Notlage befinden, einen Sanierungsplan erarbeitet haben und alle anderen Möglichkeiten müssen bereits ausgeschöpft sein. Sind diese Bedingungen gegeben, kann der Arbeitgeber von der Belegschaft Zustimmung zur Gehaltskürzung verlangen. Ohne Zustimmung geht es auf keinen Fall. Immer beachtet werden müssen gesetzliche und betrieblich vereinbarte Regelungen – Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder auch Pfändungsgrenzen. Etwas einfacher kann die Kürzung oder Streichung von nicht gesetzlich oder tariflich geregelten Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder 14. Monatsgehalt sein – wenn in den Arbeitsverträgen Kürzungsklausen stehen. Ohne diese werden Gerichte, zumindest wenn solche Sonderzahlungen regelmäßig über mehrere Jahre gezahlt wurden, höchstwahrscheinlich feststellen, dass es sich um feste betriebliche Übung handelt – quasi Gewohnheitsrecht – und eine Kürzung ablehnen. Lediglich das Kürzen oder Streichen von Zulagen oder Boni, die klar an bestimmte Leistungen gebunden sind, ist ohne größere Probleme möglich.
Auf der individuellen Ebene ist eine Gehaltskürzung ohne Einwilligung betroffener Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fast unmöglich, denn laut BGB schuldet der Arbeitgeber seinen Beschäftigten den vereinbarten Lohn. Theoretisch könnte eine Änderungskündigung ausgesprochen werden – allerdings ist wahrscheinlich, dass eine solche arbeitsgerichtlich überprüft wird. Betrachten wir im Folgenden Fälle, die Unternehmen dazu bringen könnten, den Lohn kürzen zu wollen.
Krankheit: Lohnfortzahlung für sechs Wochen ist gesetzliche Pflicht. Danach muss kein Arbeitslohn mehr gezahlt werden, die Krankenkasse springt ein.
Schlechte Leistung (Lowperformer): kein Grund für Gehaltskürzung, denn Beschäftigte schulden ihrem Arbeitgeber ihre Arbeitsleistung – nicht einen bestimmten Erfolg. Bei Nichterfüllung der Aufgaben kann das Gehalt gekürzt werden – allerdings ist das schwer abzugrenzen. Wer mal kurz während der Arbeitszeit im Internet das Wetter am Wochenende checkt, dem ist kaum eine Nichterfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten vorzuwerfen. Wer stundenlang privat surft und dies regelmäßig oder zumindest oft, begibt sich hingegen ins Risiko. Ähnlich dürften Arbeitsgerichte entscheiden, wenn bestimmte Vorgaben gerissen werden, also beispielsweise ein Team eine bestimmte Anzahl Verkaufs- oder Servicegespräche pro Schicht führen soll. Wenn das alle bis auf einen oder eine schaffen, kann der Person, die abweicht, möglicherweise das Gehalt gekürzt werden. Gerichtsfest dürfte dies aber wohl nur sein, wenn es keine Ausnahme ist, sondern regelmäßig oder häufig vorkommt.
Fehlzeiten und Minusstunden sind nur dann Anlass für Gehaltskürzungen, wenn sie regelmäßig, dauerhaft und/oder häufig vorkommen. Im Falle von Minusstunden muss zudem die Bedingung erfüllt sein, dass der oder die Beschäftigte über seine Arbeitszeit selbst bestimmt. Wird hingegen nach Dienst- oder Schichtplänen gearbeitet, auf die Beschäftigte keinen Einfluss haben, sind sie natürlich auch nicht dafür verantwortlich, wenn Minusstunden auftreten – außer, sie fehlen unentschuldigt.
Hat die Personalabteilung Beschäftigten zu viel Lohn ausgezahlt, kann dieser zurückgefordert oder mit kommenden Gehältern verrechnet werden. Da der Fehler aber nicht von den Beschäftigten begangen wurde, dürfen diese auch keine unbilligen Härten treffen, bei einer Verrechnung muss also ebenfalls die Pfändungsgrenze berücksichtigt werden, Betroffene müssen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Bleiben schließlich noch Fehler oder Schäden bei der Arbeit oder im Privatleben. Auch hier gilt: Lohnkürzung nur in Ausnahmefällen, also wenn Fehler grob fahrlässig oder gar absichtlich begangen wurden. Ebenso gilt bei privaten Unfällen, die zu Krankheit/Unfällen führen und damit zu Fehlzeiten – etwa bei riskanten Sportarten – führen: Möglicherweise könnten Arbeitsgerichte bei grob fahrlässig oder absichtlich selbstverschuldet herbeigeführten Unfällen eine Lohnkürzung für die Zeit des Ausfallens durchwinken.