Lügen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen kann teuer werden

Portale, auf denen Beschäftigte ihren Arbeitgeber bewerten, sind sehr nützlich für Jobsuchende und auch ein Instrument der Unternehmenskommunikation. Wie bei so vielen (Bewertungs-)Portalen im Internet ist aber auch hier missbräuchliche Nutzung ein Problem. Sich den Frust über den Betrieb durch falsche Bewertungen abzureagieren, mag einfach aussehen und emotional verständlich sein, birgt aber enorme Risiken.
Veröffentlicht am 26.05.2021
Lügen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen kann teuer werden

Dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, sollte mittlerweile doch Allgemeinwissen sein. Und theoretisch ist es das sicher auch, aber praktisch sieht die Sache oft ganz anders aus. Insbesondere wenn die Emotionen hochkochen, wenn Beschäftigte sich über ihre Firma oder die Führungskräfte ärgern, vielleicht gerade eine Abmahnung oder sogar die Kündigung kassiert haben, ist die Versuchung groß, bei Kununu, Glassdoor, Indeed oder Jobvoting, über Xing oder LinkedIn schlechte Bewertungen abzugeben. Aber Vorsicht: Wer Lügen und falsche Behauptungen in die Welt setzt, muss mit Strafe rechnen. Das Oberlandesgericht Celle hat Ende 2020 entscheiden (Aktenzeichen 13 W 80/20), dass ein Internetportal die Anmeldedaten eines ihrer Nutzer (IP-Adresse, Anmeldedaten, Name und E-Mail) an eine Firma herausgeben muss, der rufschädigende Aussagen über diese in dem Portal veröffentlicht hatte. Unter anderem war dort zu lesen, dass Gehalt nicht pünktlich gekommen sei, Telefone wegen offener Rechnungen gesperrt seien und einige Angestellte Gehalt bekämen, andere hingegen nicht. Auch wurde behauptet, die betriebliche Rentenversicherung sei vom Lohn abgezogen, dann aber nicht an die Versicherung gezahlt worden. Insgesamt gab es zwei Bewertungen mit weiteren, teils ähnlichen, teils verschiedenen Vorwürfen, die Teil des Gerichtsverfahrens waren.

Laut Urteil waren nicht alle, aber manche der veröffentlichten Behauptungen als Tatsachenbehauptungen einzuschätzen, nicht als Meinungsäußerung. Zwar könne das Unternehmen als juristische Person sich nicht auf üble Nachrede und Verleumdung berufen, wohl aber auf Gefährdung seiner Kreditwürdigkeit. Daher habe es ein legitimes Interesse daran, Urheber oder Urheberin der Behauptungen auf Unterlassung zu verklagen und benötige eben dazu die Identitätsdaten. Zwar stufte das Gericht Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz durchaus hoch ein, da der Anbieter des Bewertungsportals aber keinerlei Angeben dazu machen konnte, ob er für die Tatsachenbehauptungen Belege des Users angefordert habe, sei die Herausgabe dessen Daten eben doch vertretbar.

Was ist die Konsequenz aus diesem Urteil? Es steht zu erwarten, dass Bewertungsportale künftig die bei ihnen veröffentlichten Einträge genauer kontrollieren und möglicherweise strafbewehrte eher löschen. Weil sie Anfragen von Unternehmen nach den Daten von Nutzern nicht mehr so leicht abweisen können, wie es zuvor Standard war. Das bedeutet dann weiterhin, dass Verfasser und Verfasserinnen falscher Tatsachenbehauptungen damit rechnen müssen, dass Unternehmen von ihnen Unterlassung fordern. Damit verbunden sind in der Regel erhebliche Kosten, die selbst bei einem Streitwert von nur 3000 Euro – wie in obigem Urteil festgelegt – schnell vierstellig ausfallen können. Schadenersatz einzuklagen dürfte Unternehmen hingegen schwerer fallen, weil es vor Gericht kaum möglich sein wird, einen konkreten Schaden wie etwa entgangener Gewinn oder Geschäftsabschluss auf konkrete einzelne Behauptungen nachweisbar zurückzuführen – obwohl natürlich auch das im Einzelfall denkbar ist. Je nach Formulierung der Bewertung ist auch eine strafrechtliche Relevanz von Bewertungen möglich. Und wer seinen aktuellen Betrieb falsch und missbräuchlich bewertet muss natürlich auch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Allerdings sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht die einzigen, die ein Risiko als Konsequenz falscher Behauptungen auf Bewertungsportalen tragen – dieses besteht ebenso für Firmen und Führungskräfte, die ihre Belegschaft aktiv dazu aufrufen oder über Belohnungen dazu motivieren, falsche positive Behauptungen abzugeben. Denn das könnte von der Konkurrenz als irreführende Werbung und unlauterer Wettbewerb verklagt werden. Zwar dürfte die bloße Tatsache, dass Führungskräfte oder Unternehmen dazu aufrufen, positive Bewertungen abzugeben und dafür vielleicht auch eine Belohnung gewähren, noch nicht automatisch zum Prozessrisiko führen, denn wenn die bewertenden Beschäftigten tatsächlich zufrieden sind und die Bewertung sachlich richtig ist, dann stellt alleine die Aufforderung oder Belohnung kein Vergehen dar. Wenn es aber dadurch zu falschen Behauptungen kommt, sieht es anders aus – und es ist für Firmen und Führungskräfte niemals auszuschließen, dass Beschäftigte nicht irgendwann in der Zukunft den Job wechseln, gar im Ärger scheiden und falsche Behauptungen justiziabel werden.