Kein altes Eisen - Chancen älterer Beschäftigter steigen

Aus dem Fachkräftemangel ergeben sich für ältere Beschäftigte durchaus neue Chancen, die sie selbstbewusst nutzen können.
Veröffentlicht am 25.07.2023
Kein altes Eisen - Chancen älterer Beschäftigter steigen

Wer bei Google rund um das Thema „Arbeitsmarkt und ältere Beschäftigte“ sucht, bekommt viele Suchvorschläge, aus denen die Angst von Menschen über 50 Jahren spricht, auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen mehr zu haben. „Ab 45 zu alt für den Arbeitsmarkt“ kommt da etwa oder „ist man mit 47 zu alt für den Arbeitsmarkt?“. Aber auch Vorschläge, wie man ältere Mitarbeiter los wird oder welche Nachteile Ältere haben. Mal abgesehen von Altersdiskriminierung: Solche Suchvorschläge zeigen eher die Vergangenheit als die Gegenwart. Noch steckt in vielen Personalverantwortlichen oder Geschäftsführungen das alte Vorurteil, es lohne nicht, in Ältere zu investieren oder diese einzustellen. Aber immer deutlicher zeigt sich: Ältere sind ein Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

Erst vor kurzem hatten wir hier über den Wunsch vieler Menschen nach früherem Rentenbeginn geschrieben – und vom scheinbar gegenläufigen Trend der steigenden Erwerbsbeteiligung älterer Beschäftigter. Wenn auch Sie wegen der Rente mit 67 länger arbeiten müssen, aber vielleicht auch gerne länger arbeiten wollen, dann können Sie von aktuellen Entwicklungen profitieren. Dazu ist es aber im ersten Schritt unbedingt nötig, sich von der oft auch bei Beschäftigten selbst noch verbreiteten Ansicht, Ältere seien geistig und beruflich weniger leistungsfähig zu verabschieden. Es ist im Alter von 50 oder 55 und darüber gerade auch für das eigene Selbstbewusstsein bei Bewerbungen, Beförderungen oder beruflichen Neuausrichtungen enorm wichtig, vom hohen eigenen Wert überzeugt zu sein. So gibt es beispielsweise Studien, die zeigen, dass gemischte Teams erfolgreicher sind als sehr homogene. Diversität bedeutet aber nicht nur unterschiedliche Geschlechter oder Kulturen in einem Team, sondern auch eine breite Altersrange.

Zwar nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit im Alter eher ab, selbst bei Leuten, die sich sehr fit halten. Aber auf vielen Arbeitsplätzen, nicht nur in Büros, sondern auch im praktischen Teil der Agrarwirtschaft, kommt es nicht in erster Linie auf die Fähigkeit an, schwere Lasten zu heben oder zu tragen. Hingegen sind Arbeitserfahrung, Motivation, über lange Jahre gepflegte Netzwerke, eine hohe Arbeitsdisziplin und -moral sowie die Bereitschaft, Verantwortung im Job zu übernehmen, Qualitäten, die bei Älteren ebenso und oft mehr zu finden sind wie bei Jüngeren. Und diese Qualifikationen sind den Personalabteilungen von Unternehmen auch immer wichtiger. Skeptiker unter den Recruitern, die oft gerade bei den Themen IT, Digitalisierung und Kommunikation Älteren weniger zutrauen, sollten nicht vergessen, dass die allgemeine Nutzung des Internets bald schon 30 Jahre andauert und viele Babyboomer schon lange mit digitalen Prozessen und Techniken arbeiten. Weil Lernbereitschaft und Flexibilität in der Generation 50+ heute meist auch nicht niedriger ist als bei Jüngeren, können Kenntnisse mittels Fortbildungen rasch auf aktuellen Stand gebracht werden. Wenn dabei Formate für Wissenstransfer auf Augenhöhe geschaffen werden, können Ältere und Jüngere wechselweise von solchen Veranstaltungen profitieren.

Das kostet weniger, als wichtige Stellen unbesetzt zu lassen. Apropos Flexibilität: Beschäftigte deren Kinder aus dem Haus sind, sind hier oft im Vorteil gegenüber Menschen mit Klein- oder Schulkindern.

Treten Sie also ruhig selbstbewusst auf, wenn Sie beim aktuellen Betrieb für die letzten 5 bis 15 Jahre nochmal etwas reißen wollen. Scheuen Sie sich nicht vor Bewerbungen zurück, um im letzten Drittel der Laufbahn den Turbo zu zünden. Achten Sie darauf, ihre vielen Erfahrungen und Erfolge, ihre Netzwerke und ihren Willen zum Gestalten in den Vordergrund zu rücken statt ihrer Ausbildung. Natürlich müssen auch Lebensläufe und Motivationsschreiben Älterer den üblichen Standards genügen, aber in diesem Rahmen eben die eigenen Erfolge in den Vordergrund stellen und nicht etwa ein hervorragend absolviertes Studium. Und es spricht auch nichts dagegen, die eigenen Wünsche selbstbewusst zu vertreten: Beispielsweise Teilzeitmodelle anregen, betriebliches Gesundheitsmanagement oder passgenaue Qualifizierung. Und ja, es ist durchaus auch möglich, für sich selbst beispielsweise die Entscheidung zu treffen, sich keinem Assessment Center oder keiner Probearbeit mehr aussetzen zu wollen. Die Chancen sind gut, das auch durchsetzen zu können. Dem Fachkräftemangel sei dank!