Struktur im Homeoffice

Egal, wie es mit Corona weitergeht: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Darauf deutet vieles hin, auch wenn künftig vermutlich die Mischung aus Präsenz im Büro und Arbeit zuhause am häufigsten sein dürfte. Viele Beschäftigte und Führungskräfte haben in der Pandemie gemerkt: Es ist nicht immer leicht, sich selbst oder sein Team im Homeoffice zu motivieren. Dort gibt es mehr Ablenkungen und weniger soziale Kontrolle als im Büro.
Veröffentlicht am 02.09.2021
Struktur im Homeoffice

Natürlich finden sich im Internet nach eineinhalb Jahren Corona-Pandemie und Homeoffice-Boom massenhaft Tipps für erfolgreiches Arbeiten zuhause. Darunter auch solche wie „Duschen Sie!“ – das soll der oft kolportierten Verwahrlosung, der so viele Menschen angeblich anheimfallen, vorbeugen. Ebenso Tipps, zuhause Bürokleidung zu tragen, keine Snacks zu kaufen (weil sie dann auch nicht gegessen werden können), nicht im Bett zu arbeiten, genug Pausen zu machen und das private Handy weit weg zu legen. Das mag alles ganz richtig sein, man darf aber hinterfragen, ob die Tendenz, sich gehen zu lassen, tatsächlich so groß ist wie oft geschrieben. Und auch wenn manche dieser Tipps für viele Menschen gut sein mögen, gehen sie doch am Kern des Problems vorbei – der Struktur unserer Arbeit. Denn ob eine gute Leistung erbracht wird oder nicht, liegt nicht wirklich daran, ob ich Anzug oder Jogginghose trage, ob ich mir zuhause eine Kopie meines Arbeitsplatzes in der Firma in den Keller stelle oder mit dem Laptop im Bett liege.

Zu den allgegenwärtigen Erzählungen über das Verhältnis von Büro und Homeoffice gehört auch, dass viele Menschen sich über Routinen und Nerv mit Führungskräften, Kolleginnen und Kollegen, über Kantine, Flurfunk und Intrigen aufregen und, kaum im Heimbüro, deren Fehlen beklagen. Dabei ist die Wahrheit einfach: Mal fehlt es, mal nicht. So ist es auch mit den Aufgaben: Es gibt gut für das Homeoffice geeignete Tätigkeiten und weniger gut geeignete. Um motiviert und effektiv zu arbeiten, sollten Beschäftigte sich darüber gründlich Gedanken machen und Führungskräfte in der vor uns liegenden Zeit des mobilen, flexiblen Arbeitens das auch aktiv unterstützen und in ihre Führungsarbeit einbauen. Beispielsweise, indem die Beschäftigten aufgefordert werden, die knifflige Kalkulation oder die herausfordernde Präsentation doch in Ruhe zuhause zu machen, ohne ständige Störung durch die Kollegen (und hoffentlich auch nicht durch Kinder oder Haustiere). Und umgekehrt darum zu bitten, zum Brainstorming für das neue Projekt doch möglichst persönlich zu kommen und nicht nur via Video-Schalte. Klare Festlegungen und Absprachen, welche Arbeiten an welchem Ort erledigt werden sollten, sind eine ganz wichtige Voraussetzung für ein gelingendes flexibles Arbeiten. Und dazu gehört auch die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit und deren Auswirkungen (z.B. die Fähigkeit zu Konzentration, Priorisierung, Fokussierung und Strukturbildung)

Dieser inneren Struktur sollte die äußere folgen, also eine gute Strukturierung der Abläufe, der Heim-Arbeitsplätze, des Equipments. Wichtig ist aber, dabei nicht stumpf die mehr oder minder ausführlichen und durchdachten Anleitungen zu befolgen, die so schnell ergoogelt sind. Sondern dass Vorgesetzte überhaupt daran denken, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dabei zu unterstützen, die für sie gute Struktur zu finden. Welche das ist und welche Tipps für wen funktionieren, ist zweitrangig. Aber dass es eine verbindliche Struktur für die Abstimmung und den Kontakt innerhalb der Abteilung oder des Teams geben muss, das steht ebenfalls weit vorne.

Kommunikation wird für Führungskräfte noch wichtiger, um die Beschäftigten im Homeoffice zu motivieren. Aber bitte keine ständigen Aufmunter-Mails mit Kalender-Zitaten. Gute Kommunikation beginnt eben mit dem Setzen regelmäßiger Zeitpunkte, an denen die anstehenden Themen besprochen werden. Mit einem vernünftigen Kalender oder sonstigem Planungstool, dass zuhause und im Büro funktioniert und demotivierende Reibungsverluste verringert. Mit einfacher Einsichtmöglichkeit für alle in den Stand der Projekte – bei allen diesen Punkten können Sie als Chefin oder Chef mit gutem Vorbild voran gehen. Und vergessen Sie dabei nicht das Bedürfnis nach sozialem Austausch, dass in der Vor-Corona-Welt im Büro ja auch seine Plätze und Zeiten hatte. Wenn die automatische Bindung durch Präsenz im Heimbüro geringer wird, können gute Führungskräfte dafür sorgen, dass etwas neues nachfolgt – auch online oder hybrid lassen sich soziale Events für das Team organisieren.

Zu guter Kommunikation gehört die offene und wertschätzende Unterstützung von Beschäftigten, die mit den Anforderungen an Selbstorganisation durch das Homeoffice nicht gut klar kommen. Das ist kein Makel, denn die Beschäftigten sind in der Regel ja nicht als Organisatoren von irgendwas eingestellt worden, sondern wegen ihrer fachlichen Fähigkeiten. Wenn Sie also den Eindruck haben, dass die eine oder der andere Mühe hat mit der Selbstorganisation, dann ist es Ihr Job als Führungskraft, dabei Hilfe zu geben, ohne dass es peinlich oder demotivierend wirkt.

Stimmen die Strukturen, bleibt das Team miteinander und mit der Firma in einem guten Kontakt, kommen auch die sozialen Belange der Arbeit nicht zu kurz, dann sind die wichtigsten Grundlagen dafür gelegt, dass die Motivation auch bei längerem oder ausschließlichem Homeoffice hoch bleibt. Last but not least bleibt dann nur noch der Hinweis darauf, dass Erfolgserlebnisse und Belohnung sich immer gut auf die Motivation auswirken. Deshalb sollten Sie Mittel und Wege finden, diese Punkte auch im Homeoffice umzusetzen. Und es auch nicht mit einmaligem „Abhaken“ der genannten Tipps belassen, sondern regelmäßig Ihre Strukturen überprüfen. Das ehrliche Interesse am Feedback Ihres Teams wird dabei viel helfen.