Zukunft der grünen Berufe

Die sechs Thesen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Veröffentlicht am 07.08.2023
Ein grüner Zweig für grüne Berufe

Gute Bezahlung und gute Arbeit in den grünen Berufen, das fordern nicht nur Gewerkschaften, sondern auch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Sie hat ein Thesenpapier zur Zukunft der grünen Berufe veröffentlicht und sieht zwar Risiken, aber auch Möglichkeiten zu deren Bewältigung.

Arbeitskräfte sind zum Mangelfaktor geworden, schreibt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) im Anfang Juli 2023 veröffentlichten „Thesenpapier zur Situation des grünen Arbeitsmarktes“. Weil der Arbeitskräftemangel in der Branche die Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen droht, möchte die Kammer mit ihren sechs Thesen die Vertreter und Vertreterinnen der Betriebe und die der Beschäftigten in der Kammerversammlung für die Thematik sensibilisieren und zum Gespräch anregen. „Schließlich sind nur über den Dialog tragfähige Lösungen möglich“, erklärt Dr. Matthias Heyder, bei der LWK Leiter des Fachbereichs Arbeitnehmerberatung und Weiterbildung.

In der ersten These legt die LWK dar, dass der bereits bestehende Fachkräftemangel in den grünen Berufen weiter zunehmen wird. Denn in den vergangenen zehn Jahren seien in Niedersachsen jedes Jahr 1500 bis 2000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte hinzu gekommen. Weil durch den demographischen Wandel die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schrumpft, dürfte sich die Schere zwischen benötigten und verfügbaren Beschäftigten und damit die Konkurrenz um Fachkräfte zwischen Betrieben und Branchen weiter öffnen.

Dieses Problem wird verschärft, weil die Betriebe künftig immer mehr gut qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte brauchen und weniger für einfache Tätigkeiten, so die zweite These. Einfache Arbeiten werden zunehmend automatisiert erledigt, hingegen erzeugen die Digitalisierung und andere Transformationsthemen einen stetig wachsenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften. Deshalb sollten Betriebe auf die Bindung ihrer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mehr Wert legen.

Mehr Geld für die Beschäftigten ist das Thema der dritten These. 2021 habe in Niedersachsen der Lohnunterschied zwischen Fachkräften in Landwirtschaft und Gartenbau sowie Helfertätigkeiten in anderen Branchen nur wenige Hundert Euro betragen. Das sei mit Lohnsteigerungen im Bereich Landwirtschaft von 20 bis 25 Prozent in den vergangenen Monaten auch angegangen worden, so die Kammer. Um eine positive Auswirkung davon erkennen zu können sei es noch zu früh, aber dass derzeit der Arbeitsmarkt günstig ist für wechselwillige Fachkräfte, das ist klar. Fachkräfte, die in der Landwirtschaft oder im Gartenbau nur wenig mehr verdienen als  Hilfskräfte in anderen Branchen, haben angesichts hoher Inflation sicherlich eine gute Motivation und eine leichte Möglichkeit, nach Stellen in besser zahlenden Branchen zu suchen.

Aber es geht nicht nur ums Geld, so These vier. Die grünen Berufe böten viel Potenzial für gute Arbeit mit hohem Identifikationsfaktor. Die oft sinnstiftende, abwechslungsreiche, flexible und nachhaltige Arbeit in der Landwirtschaft biete gute Ansätze zur Bindung bestehender und zur Gewinnung neuer Fachkräfte. Auch These fünf geht auf die sogenannten „weichen Faktoren“ ein. „Arbeitsorganisation, wertschätzende Führung und Entwicklungsmöglichkeiten“ seien entscheidende Faktoren für gute Arbeit, so die Kammer. Betriebe könnten hier ansetzen und gleichzeitig durch eine verbesserte Arbeitsorganisation die Zufriedenheit der Beschäftigten und die Effizienz der eingesetzten Stunden steigern. Last but not least plädiert die Kammer in der sechsten These für langfristige Arbeitsplatzsicherheit, denn das sei für die Beschäftigten ein wichtiger Aspekt ihrer Lebensgestaltung und liege zugleich im Interesse der Betriebe. Ja aufwändiger die Qualifizierung der Beschäftigten ist, desto wichtiger ist für Betriebe eine niedrige Fluktuation.

Im Fazit des Thesenpapiers stellt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen fest, dass der Sorge um die Zukunft der grünen Berufe auch Chancen gegenüber stehen. Neben dem Handeln der Sozialpartner seien dafür verlässliche politische Rahmenbedingungen nötig und auch die Offenheit, im eigenen Betrieb nach neuen und funktionierenden Lösungen zu suchen, um sich zukunftsfähig aufzustellen.