Welche Folgen hat KI-Einsatz für Beschäftigte in der Landwirtschaft?

Anwendungen und Maschinen mit Künstlicher Intelligenz (KI) erobern bereits die Agrarbetriebe. Alle reden und schreiben über die Vorteile der Digitalisierung für die Höfe – aber welche Folgen hat KI für die Belegschaften?
Veröffentlicht am 12.06.2025
Welche Folgen hat KI-Einsatz für Beschäftigte in der Landwirtschaft?

Hackroboter, automatisierte punktuelle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln statt Flächensprüher oder digitale Auswertung- und Überwachungsanwendungen für Ackerbau und Viehhaltung: Die Digitalisierung ist in den deutschen landwirtschaftlichen Betrieben schon seit einiger Zeit und mit zunehmender Intensität auf dem Vormarsch. Das hat bislang nicht dazu geführt, dass in den Betrieben keine Beschäftigten mehr benötigt würden, weil der Inhaber seine Maschinen wie im Computerspiel per Joystick vom Laptop aus steuert. Wenn nun und in den kommenden Jahren immer mehr KI-Anwendungen in die digitalen Services und Maschinen Einzug halten – sind dann immer noch Pflanzenbauer, Stallhelfer oder Herdenmanager nötig? Oder werden diese Berufsbilder überflüssig? Müssen Helfer auf landwirtschaftlichen Betrieben künftig programmieren können, um die Maschinen zu bedienen?

Prognosen sind ja bekanntlich besonders dann schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. Das gilt auch für den Einsatz von KI in der Landwirtschaft. Was sich bisher erkennen lässt, sei es als Forschungsvorhaben, sei es als tatsächlich verfügbare Produkte, braucht allerdings noch immer Menschen, die es bedienen, an seine Einsatzstelle bringen, die Auswertungen erstellen oder den Schlepper fahren, an dem der Punktsprüher hängt. Der Blick auf die Entwicklung bei den Arbeitskräften in der Landwirtschaft ist beinahe so komplex wie das Agrarbusiness selbst. So hat sich laut Statistischem Bundesamt von 2010 auf 2020 die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft um 15 Prozent verringert. Pro Betrieb ist sie aber mit durchschnittlich 3,6 Beschäftigten praktisch stabil geblieben – Grund ist das Höfesterben. Arbeiteten 2010 pro 100 Hektar landwirtschaftlicher Fläche noch 6,6 Arbeitskräfte, so waren es 2020 im Schnitt nur noch 5,6 Menschen. Ein Rückgang der Beschäftigten pro bewirtschafteter Fläche lässt sich also durchaus feststellen. In Zeiten des Fachkräftemangels und auch aus Kostengründen ist das für Betriebe keine grundsätzlich negative Entwicklung.

Hinter dieser Zahl könnte sich aber auch eine Arbeitsverdichtung verstecken, und das wäre für die Beschäftigten keine gute Entwicklung. Denn die Landwirtschaft mit ihrer hohen körperlichen Belastung ist eine anstrengende Branche – da brauchen die Belegschaften nicht auch noch ein steigendes Stresslevel, wenn die Arbeit sich verdichtet. Allerdings könnte KI auch Arbeitserleichterung bringen – darauf hoffen zumindest die von der DLG und dem Digitalverband Bitkom 2024 befragten Landwirte und Landwirtinnen. Neben Zeitersparnis und höherer Effizienz erhoffen diese sich als dritten großen Nutzen eine Entlastung von körperlich anstrengenden Tätigkeiten. Weitere Ergebnisse der Befragung waren übrigens: Fast die Hälfte der Betriebe beschäftigt sich mit Einsatzmöglichkeiten von KI, jeder zehnte setzt sie bereits ein und 38 Prozent planen oder diskutieren dies. Je größer der Betrieb, desto eher und stärker.

Da kommt also etwas zu auf die Belegschaften und deshalb sollten Betriebsinhaber deren Weiterbildung im Blick behalten. Bei Geräten wird man darauf setzen können, dass die Hersteller deren Steuerungen so gestalten, dass auch Menschen mit niedrigerem digitalen Verständnis sie bedienen können. Zugleich birgt KI ja eben auch die Chance, ohne IT-Know-How digitale Anwendungen nutzen zu können. Es kann die Arbeit auch erleichtern, wenn Geräte in zehn Jahren per Sprachbefehl gesteuert werden können – vorausgesetzt, die Geräte verstehen auch den lokalen Dialekt oder die Muttersprache ausländischer landwirtschaftlicher Helfer und Helferinnen. In der Umfrage von DLG und Bitkom nannten die Befragten hohe Investitionen, schwache Internetversorgung, Datensicherheit/-hoheit und mangelnde Digitalkompetenzen als Herausforderungen und zeigten großes Interesse an Weiterbildungen. „Das Berufsbild von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landwirtschaft wird zunehmend anspruchsvoller“, sagt DLG-Vizepräsident Prof. Dr. Till Meinel vom Institut für Bau- und Landmaschinentechnik an der TH Köln. Betriebsleiter werden künftig verstärkt darauf achten müssen, auch ältere Beschäftigte zu Fortbildungen zu schicken und bei Neueinstellungen die digitalen Kenntnisse von Bewerbern und Bewerberinnen zu berücksichtigen. Dazu müssen sie selbst natürlich auch das nötige Know-How haben.

Bei aller digitalen Analyse und Prognose von Wetter, Schädlingsaufkommen, Haltungsbedingungen oder Krankheiten müssen Beschäftigte und Betriebsleiter auch ein Auge darauf haben, wie Bauchgefühl und Erfahrungswissen künftig in die Betriebsabläufe integriert werden können. Auch aus psychologischen Gründen, denn wenn die menschlichen Arbeiten in einigen Jahren nur noch daraus bestehen, die Anweisungen der KI-gesteuerten Betriebssoftware umzusetzen, könnte das Zufriedenheit und Motivation der Beschäftigten senken.