Diese Fragen hören nur Frauen in Vorstellungsgesprächen
„Was Männer nie gefragt werden“ lautet der Buchtitel von Fränzi Kühne. Den sie im Untertitel fortsetzt mit „Ich frage trotzdem mal“. Und das hat die 1983 geborene Mitgründerin einer Digitalagentur für ihr 2021 erschienenes Buch gemacht: Fragen, die typischerweise Frauen gestellt werden, umgedreht und an Männer gerichtet. Das sind Fragen wie die nach der Garderobe für die nächste Aufsichtsratssitzung, nach der Frisur oder nach der Vereinbarkeit von Karriere und Familie. Kühne hat solche Fragen, die sie selbst gehört hat, erfolgreichen Männern gestellt. Auch die Journalistin Teresa Bücker hat sich dieser Thematik gewidmet und bat 2020 auf Twitter um Beispiele für Fragen in Vorstellungsgesprächen, die nur Frauen hören. Auch hier kam das Thema „Aussehen“ oft zur Sprache, aber auch Zweifel an Kompetenzen und, leider der Klassiker, der Bereich Schwangerschaft/Familienplanung. „Sind Sie schwanger?“ ist mit Sicherheit eine Frage, die Männer nie in Vorstellungsgesprächen gestellt wird. Aber auch die Zahl der Männer, die Fragen gehört haben wie „Und was arbeitet Ihre Frau?“, „Was machen Sie, wenn Ihr Kind mal krank ist?“, „Was sagt Ihre Partnerin zu Ihren Karriereplänen?“ oder „Wie ist denn eigentlich Ihre Familienplanung?“ dürfte gegen Null tendieren. Frauen hingegen bekommen solche Fragen offenbar noch immer viel zu häufig gestellt, wie verschiedene Mitmachaktionen im Netz zeigen. Und selbst die auch Männern häufig gestellte Standardfrage, wo man sich selbst in fünf oder zehn Jahren sehe, kann bei Frauen im entsprechenden Alter eine andere, versteckte Bedeutung haben als bei Männern – nämlich eben der getarnte Versuch sein, etwas über Kinderwünsche zu erfahren.
Unanständig und verboten
So nachvollziehbar es sein mag, dass Unternehmen bei der Einstellung von neuem Personal einschätzen wollen, ob die Bewerberin oder der Bewerber sich dauerhaft an das Unternehmen binden wollen – die Frage nach Schwangerschaft oder Familienplanung ist sexistisch. Denn Kinder zu bekommen ist nicht der einzige Grund, warum Personal für längere Zeit ausfällt. So etwas kann aus vielen Gründen passieren, bei Männern wie bei Frauen. Es ist aus Sicht des Unternehmens ärgerlich und mit Kosten sowie Aufwand verbunden, aber dennoch schlicht unternehmerisches Risiko. Solche Fragen sind unanständig – und noch dazu auch gesetzlich untersagt. Recruiter, die solche Fragen stellen, gehen also auch ein ganz klares juristisches Risiko ein, egal in welcher Formulierung die Fragen daher kommen.
Das Privatleben ist für Fragen tabu – mit Ausnahmen
Das gilt (fast immer) für Fragen nach dem Privatleben von Kandidatinnen und Kandidaten. Dieses geht Arbeitgeber grundsätzlich nichts an. Ausnahmen müssen klar begründbar sein und im Zusammenhang mit der künftigen Aufgabe stehen. Verboten sind also Fragen nach Lebenspartnerschaft, Heirat und Sexualität, ebenso wie der bereits angesprochene Themenkomplex Familienplanung. Ebenfalls tabu sind religiöse oder politische Ansichten beziehungsweise Mitgliedschaften, genauso wie die Zugehörigkeit zu einem Verein oder einer Gewerkschaft. Private Finanzen und Vermögen inklusive Lohnpfändung dürfen nur thematisiert werden, wenn die ausgeschriebene Stelle ein besonders großes Vertrauen erfordert – beispielsweise dann, wenn über erhebliche Vermögenswerte verfügt werden soll. Ähnlich beim Thema „Vorstrafen“: Die Frage danach oder auch die Aufforderung, ein berufliches Führungszeugnis abzugeben, ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Das Gleiche gilt für Fragen nach der Gesundheit, die können eventuell zulässig sein bei sehr engem Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen, in medizinischen oder pflegerischen Berufen oder bei der Lebensmittelverarbeitung.
Souverän kontern
Bleibt schließlich noch, wie Frauen – und Männer – unangemessene oder verbotene Fragen am besten kontern. Interessanterweise wurde insbesondere bei der Frage nach einer Schwangerschaft eine Lüge sogar bereits arbeitsgerichtlich durchgewunken. Das wäre also ein Ausweg, wenn auch nicht der Beste. Möglich ist ein freundlicher Verweis darauf, dass diese Frage nicht zulässig ist. Das kann aber rasch defensiv und unsouverän wirken. Mit einer frech-freundlichen Gegenfrage könnte offensiver gekontert werden, etwa mit der Frage, ob Schwangerschaft zum Job-Profil gehört. Die meisten Ratgeber empfehlen eine freundliche aber nichtssagende Antwort. Vor allem aber sollten Sie sich in dieser Situation überlegen, ob das ein Unternehmen ist, bei dem Sie wirklich arbeiten wollen.