Der Arbeitsvertrag: Was muss rein, was darf nicht?

Wer eine neue Stelle annimmt, unterzeichnet in der Regel zuvor einen Arbeitsvertrag. Ein scheinbar banaler Vorgang, der aber Fallstricke bietet. Was muss unbedingt in den Arbeitsvertrag hinein, was darf dort nicht stehen?
Veröffentlicht am 29.09.2022
Der Arbeitsvertrag: Was muss rein, was darf nicht?

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach zu sagen, was in einen Arbeitsvertrag unbedingt hinein muss. Denn das ist nirgends verbindlich geregelt. Juristisch ist ein Arbeitsvertrag eine freie Vereinbarung zwischen zwei Parteien und die dürfen darin – fast – alles vereinbaren. Klar, sitten- oder gesetzeswidrige Inhalte sind ausgeschlossen. Aber davon abgesehen geht alles? Theoretisch ja, praktisch wird der Gestaltungsspielraum für einen Arbeitsvertrag von höheren Rechtsvorschriften begrenzt. Das sind zum einen Gesetze, insbesondere das Arbeitsrecht. Aber auch existierende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sind rechtlich höher zu werten als ein Arbeitsvertrag. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch sind Regelungen eines Arbeitsvertrages, die gegen gesetzliche Verbote verstoßen, nichtig. Nun gilt auch hier zunächst einmal: „Wo kein Kläger, da kein Richter“ – aber nur, solange die beiden vertragsschließenden Parteien sich einig sind. Kommt es zum Streit, sind ungültige Regelungen im Arbeitsvertrag eine beliebte Möglichkeit, diesen auf der juristischen Ebene auszutragen. Und bei illegalen Vereinbarungen drohen natürlich auch bei einer möglichen behördlichen Prüfung Probleme und Bußgeld.

Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich sein? Nein, die Schriftform ist zwar die Regel und sollte zur Vermeidung von Missverständnissen auch gewählt werden, aber zwingend ist sie nicht. Laut Bundesarbeitsgericht kommt ein Arbeitsvertrag zustande, wenn beide Seiten übereinstimmendes und schlüssiges Verhalten zeigen – sprich, wenn Beschäftigte Arbeit erledigen und Unternehmen eine Vergütung zahlen. Aber Achtung: Ohne schriftlichen Arbeitsvertrag sind Unternehmen durch das Nachweisgesetz verpflichtet, binnen eines Monats nach Beginn der Beschäftigung die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich und unterschrieben den Beschäftigten auszuhändigen. Dazu zählen unter anderem Namen und Anschriften, Beginn und ggfls. Dauer der Beschäftigung, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung, Höhe des Entgelts, Arbeitszeit, Urlaub, Kündigungsfristen und weitere Angaben. Das Gesetz schließt eine elektronische Form dafür übrigens explizit aus. Diese Auflistung kann damit durchaus als Richtschnur dafür gelten, was unbedingt in den Arbeitsvertrag hinein muss.

Die Tätigkeitsbeschreibung muss nicht detailliert sein, allgemeine Angaben wie „Sachbearbeiter/-in“ sind zulässig. Je schwammiger sie formuliert ist, desto flexibler sind die Einsatzmöglichkeiten – es liegt also im Interesse der Unternehmen, hier eher vage zu bleiben. Arbeitnehmer:innen, die bestimmte Tätigkeiten ausschließen wollen, können über die Formulierung ihrer Tätigkeitsbeschreibung verhandeln. Zu detailliert und eng sollte sie aber nicht ausfallen, denn dann stellt sich möglicherweise irgendwann die Frage, welche Aufgaben noch machbar sind, wenn die beschriebenen etwa durch technologische oder strategische Entwicklungen nicht mehr vorhanden sind.

Arbeitserfolg Grundsätzlich vereinbaren Unternehmen und Beschäftigte eine bestimmte Leistung, nicht ein bestimmtes Ergebnis. Dies könnte durch einen Werkvertrag oder eine Beauftragung von Dienstleistern erfolgen, nicht jedoch in einem Arbeitsvertrag.

Verschwiegenheit Per Arbeitsvertrag dürfen Unternehmen ihre Belegschaft zum Stillschweigen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichten. Unzulässig sind Regeln, mit denen aus dem vereinbarten Gehalt oder Arbeitsbedingungen ein Geheimnis gemacht werden soll. Arbeitsgerichte haben entschieden, dass Beschäftigte darüber sprechen dürfen, selbst wenn das laut Arbeitsvertrag verboten ist, weil sonst keine Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz entdeckt werden könnten.

Überstunden Ein beliebtes Feld für Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht. Viele Regelungen zur pauschalen Abgeltung von Überstunden mit dem Festgehalt sind gerichtlich als unwirksam erklärt worden.

Sonderzahlungen, Prämien, Boni Hier liegt es wieder im Interesse der Beschäftigten, möglichst genaue Regelungen in den Vertrag zu verhandeln. Ähnlich wie bei der Tätigkeitsbeschreibung kommen unbestimmte Formulierungen meist eher dem Betrieb zugute.

Ausschluss und Verfall Manche Unternehmen versuchen, Ansprüche an Fristen zu binden, bei deren Versäumung sie verfallen. Das kann rechtens sein, ist es aber oft nicht. Das gilt ebenso, wenn über Vertragsklauseln bestimmte Ansprüche ausgeschlossen werden sollen – auch dies kann unwirksam sein, beispielsweise wenn es sich um gesetzliche Ansprüche (etwa Mindestlohn) handelt.

Nebentätigkeiten dürfen nicht grundsätzlich verboten werden. Arbeitgeber können aber verlangen, darüber informiert zu werden.

Arbeitskleidung Grundsätzlich dürfen Unternehmen ein bestimmtes Auftreten und Erscheinungsbild verlangen, allerdings nicht in Details. Sofern keine Arbeitskleidung gestellt wird – was für viele Arbeitsplätze zulässig und sinnvoll ist – darf beispielsweise ein gepflegtes Erscheinungsbild erwartet werden, erst recht bei Kundenkontakt, aber auch im Interesse einer guten Zusammenarbeit in einem Team. Allerdings erlaubt das Persönlichkeitsrecht natürlich die freie Wahl der eigenen Kleidung. Arbeitgeber müssen ihr Verlangen nach einem bestimmten Aussehen mit betrieblichen Notwendigkeiten oder ggfls. auch sicherheitstechnischen Erfordernissen o.ä. begründen.

Überprüfung Wer sich über die Zulässigkeit bestimmter Regelungen in einem Arbeitsvertrag unsicher ist, sollte diese überprüfen lassen – beispielsweise von Anwälten für Arbeitsrecht, dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft. Ungültige Regelungen können im Streitfall zum heimlichen Ass im Ärmel von Beschäftigten werden, deshalb sollten Unternehmen aus eigenen Interesse darauf achten, keine unzulässigen Inhalte aufzunehmen.