Absage auf Bewerbung: Soll ich nachfragen oder nicht?
Die Begründungen, die Unternehmen mit einer Absage an Bewerber und Bewerberinnen versenden, sind häufig floskelhaft, nichtssagend und standardisiert. Das hat Gründe: Zum einen ist es für Personalabteilungen einfach und kostensparend, auf individuelle Absagen zu verzichten. Zum anderen schützen sie sich durch juristisch unangreifbar gemachte Standardabsagen vor Klagen nach dem Anti-Diskriminierungsgesetz (AGG). Floskel-Absagen mögen aus Unternehmenssicht nachvollziehbar sein, können jedoch bei Bewerberinnen und Bewerbern für Frust sorgen. Insbesondere dann, wenn die Bewerbung auf eine Stelle erfolgte, für die sie sich perfekt passend wähnten. Branchenkenntnisse vorhanden, die passenden Abschlüsse sowie Berufserfahrung, ein ordentlicher Lebenslauf und alle Anforderungen aus der Stellenanzeige werden erfüllt, dennoch kommt die Absage – da kommt leicht der Gedenke auf, wer denn „noch besser passen könnte als ich“. Und schnell folgt der Griff zum Telefonhörer, um mal nachzufragen.
Allerdings haben viele Menschen Sorgen, ob sie sich mit diesem Schritt in der Zukunft Chancen verbauen könnten. Dazu sei verwiesen auf die bereits jetzt und künftig wohl zunehmend arbeitnehmerfreundliche Lage auf dem Arbeitsmarkt. Vorausgesetzt, Sie fragen im Rahmen der üblichen Konversationsgepflogenheiten nach, sollten Sie sich also nicht allzu viele Sorgen machen. Aber sich vorbereiten, denn wenn das Unternehmen an Ihnen interessiert ist, dann wird aus dem Feedback-Gespräch schnell ein spontanes Kurz-Interview. Dafür sollten Sie mindestens Ihre Kurzpräsentation sauber abspulen können und auch eine gute Antwort auf Fragen nach Ihrer Wunschstelle haben.
Eher stellt sich die Frage, was Sie sich von einem Nachhaken versprechen und wie Sie vorgehen. Telefonisch oder per Mail haben Recruiter:innen natürlich das gleiche Problem wie bei Formulierung der Absage: Sie dürfen sich nicht rechtlich angreifbar äußern. Und zudem kostet es Zeit. Wenn Sie also nachfragen, dann besser nicht direkt nach den Gründen. Die Chance ist hoch, nur wieder Floskeln zu hören. Fragen Sie danach, was sie in künftigen Anschreiben oder Bewerbungsgesprächen besser machen können oder an welchen Ihrer Kenntnisse und Qualifikationen Sie noch arbeiten sollten. Sie können auch um persönliches Feedback nach dem von Ihnen hinterlassenen Eindruck fragen. Solche Ansätze ermöglichen es Ihrem Gegenüber, inhaltlich zu antworten, ohne sich Sorgen um das AGG machen zu müssen. Und eröffnet Ihnen selbst die Chance, sich für künftige Bewerbungen noch besser aufzustellen.
Wenn Sie Gespräch oder Mail damit einleiten, dass Ihre Bewerbungsunterlagen gerne beim Unternehmen für künftige Ausschreibungen gespeichert werden dürfen, erreichen Sie sofort einen Zusatznutzen für Unternehmen und sich selbst. Sie dürfen sich natürlich auch erkundigen, ob damit zu rechnen ist, dass vergleichbare Stellen in absehbarer Zeit wieder ausgeschrieben werden könnten. Beides signalisiert, dass Ihr Interesse am Unternehmen auch durch eine Absage nicht getrübt ist. Nach Verbesserungsmöglichkeiten bei Ihnen selbst zu fragen demonstriert zudem, dass Sie sich von Rückschlägen nicht ohne weiteres unterkriegen lassen. Sondern gewillt sind, sich zu verbessern und zu entwickeln.
Schließlich noch ein Wort zur Passgenauigkeit zwischen beruflichem Profil und ausgeschriebener Stelle. Ein Gedanke wie „Da kann keiner besser passen als ich“ ist schnell gedacht, aber schließlich wissen Sie nicht, wer sich noch beworben hat. Seien Sie auch selbstkritisch zu Ihrer Bewerbung, suchen Sie ggfls. Hilfe von Bewerbungscoaches oder ähnlichen Anbietern. Der eigene und fremde Blicke auf Ihre Unterlagen können sich beträchtlich unterscheiden. Kleine, aber möglicherweise entscheidende Fehler sind schnell gemacht: Wenn in Ihren Unterlagen steht, dass Sie mit der gängigen Software für die Landwirtschaft vertraut sind, in denen Ihrer Konkurrentin aber konkrete Erfahrungen mit den digitalen Ackerschlagkarteien von Plantivo, BASF, Agrocom und Feld24 benannt werden, sticht diese Sie möglicherweise alleine deshalb aus, weil im suchenden Betrieb eines dieser Programme eingesetzt wird. Immer öfter werden Bewerbungsunterlagen in frühen Stadien des Prozesses von Algorithmen ausgewertet, diese suchen meist nach Schlüsselwörtern. Wer hier nicht immer wieder und im Detail an seinen Unterlagen arbeitet, fliegt möglicherweise schnell raus.
Und es gibt noch einen Grund, warum die totale Passgenauigkeit zum Hindernis werden kann: Wenn Sie wirklich zu 100 Prozent passen, die ausgeschriebene Stelle aber wenig Entwicklungsmöglichkeiten bietet, dann könnte die Personalabteilung auch schlicht zu dem Schluss gekommen sein, dass Sie möglicherweise bald sich unterfordert fühlen. Insbesondere dann, wenn Sie den Eindruck erweckt haben, dass Sie auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind.