Unbemerkt bewerben - Unter dem Radar
Fangen wir damit an, wie Sie es nicht machen sollten: In der Mittagspause zu einer Jobmesse gehen und sich vom Lokal-TV dabei filmen lassen, wie Sie Bewerbungsformulare ausfüllen. Das passierte 2019 laut Internet-Berichten einer US-Amerikanerin. Doch sie ging mit ihrem Missgeschick offensiv um und postete den TV-Beitrag in sozialen Netzwerken. Zwar hat ihr das bislang keinen neuen Job gebracht, aber auch keinen Ärger mit dem Chef.
Ärger mit dem Chef ist das Stichwort, wenn man sich aus der Festanstellung bewirbt. Denn wer offen nach einem anderen Job sucht, dem wird schnell unterstellt, dass er oder sie sich mit dem aktuellen Arbeitgeber nicht mehr ausreichend identifiziere. Persönliche Netzwerke für die Jobsuche zu nutzen, ist oft sehr erfolgversprechend und eigentlich empfehlenswert. Bedenken Sie aber, dass Sie nicht wissen können, wohin sich Netzwerke verästeln. Überlegen Sie deshalb genau, wem Sie wie viele Informationen geben und bitten Sie im Zweifelsfalle offensiv und deutlich darum, dass Ihre Jobsuche nicht im aktuellen Unternehmen bekannt wird.
Karrierenetzwerke wie Xing oder LinkedIn sollten Sie natürlich aktualisieren. Denken Sie aber daran, dass Sie dort auch mit vielen Kontakten aus der aktuellen Firma vernetzt sind und diese also mitbekommen, dass Sie den Status auf „jobsuchend“ setzen oder unter „Ich suche“ angeben: „Neue Herausforderungen“. Auch viele Aktualisierungen binnen kurzer Zeit auf einem Profil fallen schnell auf – Sie können Probleme leicht verhindern, wenn Sie vorübergehend die Funktion abschalten, mit der Kontakte über Profil-Änderungen mitgeteilt werden.
Facebook und Co sind ein No-go – auf keinen Fall sollten Sie dort nach Stellen fragen oder darum bitten, empfohlen zu werden. Sie können nicht kontrollieren, ob und wie schnell es bei Ihrem aktuellen Chef oder der Personalabteilung landet oder auch nur bei einem missgünstigen Kollegen, der dann die Verbreitung in der Firma übernimmt.
Seriöse Dienstleister sind diskret
Personalvermittler oder Lebenslaufdatenbanken sind hilfreich. Seriöse Dienstleister werden diskret vorgehen – wenn Sie klar sagen, welche Unternehmen nicht kontaktiert werden sollen. Übrigens: Branchenspezifische Anbieter haben höhere Erfolgsquoten. Ihren Lebenslauf können Sie anonym veröffentlichen, wenn er für einen Arbeitgeber interessant ist, wird er dennoch Kontakt aufnehmen – dann können Sie entscheiden, ob Sie aus der Deckung kommen oder nicht. Mit Verweis darauf, dass Sie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis sind, können Sie den Namen des aktuellen Arbeitgebers ohne Schaden aus Lebenslauf und sonstigen Unterlagen vorerst heraushalten und stattdessen nur umschreiben. Erst beim Vorstellungsgespräch müssen Sie dann Farbe bekennen.
Sich aus einer Festanstellung heraus zu bewerben, kann Ihnen keine arbeitsrechtlichen Nachteile bringen, wenn Sie sich an die Regeln halten – keine Verwendung von Firmenmaterial oder Arbeitszeit für die Bewerbung, kein Verstoß gegen Konkurrenz- oder Geheimhaltungsklauseln im Vertrag. Sie müssen es in einer Bewerbung also nicht verheimlichen – im Gegenteil sollten Sie im Anschreiben ebenso wie im Lebenslauf deutlich darauf hinweisen, dass Sie in einer ungekündigten Festanstellung sind. Fügen Sie einer Bewerbung einen Sperrvermerk bei, darf das Unternehmen sich nicht bei Ihrem aktuellen Arbeitgeber nach Referenzen erkundigen. Vollständig kontrollieren können Sie das aber natürlich nicht.
Gespräch in der Bewerbungsphase suchen
Strategisch kommunizieren ist ratsam, denn selbst wenn Sie es schaffen, den gesamten Bewerbungsprozess bis zum Vertragsabschluss und der anschließenden Kündigung geheim zu halten: spätestens dann platzt die Bombe. Ihr Chef könnte enttäuscht oder stinksauer sein – und soll ihnen dann ein Zeugnis schreiben. Blöde Situation. Suchen Sie doch schon zu Beginn Ihrer Bewerbungsphase ein Gespräch mit Fokus auf Ihre persönliche Weiterentwicklung in der Firma. Lassen Sie dabei nicht durchblicken, dass Sie anderweitig suchen, sondern äußern Sie sich positiv und zufrieden.
Machen Sie aber deutlich klar, dass Sie vorankommen wollen. Vielleicht bekommen Sie ja sogar ein gutes Angebot. Falls nicht, können Sie ein zweites Gespräch einige Wochen später suchen, wenn Sie ein Vertragsangebot vorliegen haben. Dabei verweisen Sie auf das erste Gespräch und teilen mit, dass nun eben ein konkretes Angebot eingegangen sei, über das Sie aus Gründen der Fairness informieren wollen. Will die Firma Sie unbedingt halten, kann sie noch immer reagieren. Wenn Sie dann einige Tage später berichten, dass Sie unterschrieben haben und deshalb kündigen, ist die Überraschung weg und – hoffentlich – Verständnis geweckt.
Offen und ehrlich schon im Vorfeld zu informieren, ist hingegen nicht ratsam, denn selbst wenn Sie noch so ein gutes Verhältnis zum Chef und zur Firma haben und nicht im Zorn gehen, so wissen Sie doch nicht, ob Sie wirklich eine neue Stelle finden. Wenn ihr Chef aber erfährt, dass Sie auf der Suche sind, wird er sich ab diesem Moment mit der Nachbesetzung Ihrer Stelle beschäftigen und interessante und wichtige neue Projekte gleich an Kollegen vergeben, weil er ja jederzeit damit rechnet, dass Sie kündigen.